Foto der Harfenistin Isabel Moreton Achsel

ISABEL MORETON ACHSEL
HARFE


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ANMERKUNGEN ZU DEN KOMPONISTEN

Foto der Harfenistin Isabel Moreton Achsel
von Dr. Daniela Wissemann-Garbe (1) und Isabel Moretón Achsel (2)

Kompositionen der CD "Harfenklänge"

Antoine Francisque (c. 1575-1605)
Unsere Wanderung durch die Welt der Harfenmusik beginnt mit einem Werk von Antoine Francisque. Um 1575 in St. Quentin geboren, lebte er als Lautenist und Komponist zunächst in Cambrai, später in Paris, wo er 1605 gestorben ist. Sein 1600 entstandener Schatz des Orpheus, Le Trésor d'Orphée, ist eine Lautenkomposition, in der vor allem Tänze verarbeitet werden. Die vorliegende Interpretation folgt einer freien Transkription für Harfe von Marcel Grandjany (s.u.). Ein solches Verfahren, ursprünglich für ein bestimmtes Instrument veröffentlichte Werke auf einem anderen zu spielen, ist bereits im 16. Jahrhundert eine ganz übliche Praxis. Hier bietet es sich schon deshalb an, weil der Titel des Werkes auf Orpheus anspielt, den Prototypen des Musikers aus der griechischen Mythologie, der mit seinem Harfenspiel Mensch und Tier und sogar die Hüter der Unterwelt zu rühren vermochte. Die Harfe zu Francisques Zeit war ein schwerfälliges chromatisches Instrument - dennoch ein Fortschritt gegenüber dem diatonischen Instrument der vorausgehenden Zeit, auf dem die Halbtöne während des Spiels nicht gewechselt, Modulationen in andere Tonarten also nicht ausgeführt werden konnten.

Giovanni Battista Pescetti (1704-1766)
Fast 100 Jahre nach Francisques Tod wurde 1704 in Venedig Giovanni Battista Pescetti geboren. Schon in jungen Jahren trat er als Opernkomponist hervor; etwa zehn Jahre lebte er als Direktor von Covent Garden bzw. am Kings Theatre in London und war auch als Cembalist bekannt. Er starb 1766 in seiner Heimatstadt als zweiter Organist der herzoglichen Kapelle am Markusdom. Als Pescetti 16 Jahre alt war, wurde fernab, in Süddeutschland, das Pedalsystem für die Harfe erfunden. Dabei kann jede Saite durch Verkürzung um einen Halbton erhöht werden; allerdings geht das nicht bei allen Saiten gleichzeitig. Wieweit Pescetti diese Neuerung zur Kenntnis genommen hat, ist nicht bekannt. Seine c-moll Sonate jedenfalls ist für Cembalo komponiert, läßt sich aber - hier nach einer Transkription von Carlos Salzedo (s.u.) - ebenso auf der Harfe spielen.

John Perry (1710-1782)
Weiter führt uns die Reise zu einem Zeitgenossen Pescettis, zu John Parry (1710-1782) nach Wales. Mit ihm begegnen wir einem Harfenisten, der von seinem Instrumentalspiel sowie -unterricht lebte und auch selbst komponierte. Ermöglicht wurde dies dem blinden Meister durch Privatanstellungen in walisischen Adelsfamilien. Im Londoner Haus der Familie Sir Watkin Williams Wynn, einem langjährigen Mitglied des britischen Oberhauses, lernte er auch Georg Friedrich Händel kennen, der sein Harfenspiel sehr geschätzt haben soll. Die Sonate D-Dur stammt aus der 1761 veröffentlichten Sammlung A collection of Welsh, English & Scotch airs with new variations, also four new lessons for the harp or harpsichord. Schon der Titel weist darauf hin, daß die Kompositionen wechselweise auf Harfe oder Cembalo gespielt werden konnten; die englischen Bezeichnungen harp und harpsichord verdeutlichen sogar die Verwandtschaft der Instrumente. Parry selbst verwendete die walisische Triple Harp, ein dreireihiges chromatisches Instrument mit 98 Saiten. Dem zweiten Satz der D-Dur Sonate ist die walisische Volksweise David of the White Rock zugrunde gelegt.

Sophia Dussek-Corri (1775-1847)
Mit der c-moll Sonate von Sophia Dussek-Corri (1775-1847) bleiben wir zunächst auf den Britischen Inseln, machen aber einen zeitlichen Sprung von einem knappen halben Jahrhundert. Sophia Corri wurde in Edinburgh als Tochter eines italienischen Sängers und Komponisten geboren und erhielt selbst eine Ausbildung zur Sängerin, Pianistin und Harfenistin. Mit der Familie nach London übergesiedelt, heiratete sie 1792 den Böhmen Johann Ludwig (Ladislaus) Dussek (1760-1812). Ihre 1795 erschienenen Three Sonatas for the Harp with Scots Airs and Reels for the Adagios & Rondos wurden seit einer Neuauflage 1797 in Paris unter dem Namen ihres Mannes veröffentlicht. Erst in neuerer Zeit werden diese Kompositionen wieder Sophia zugeschrieben.

Louis Spohr (1784-1859)
Von den Britischen Inseln erreichen wir mit dem nächsten Werk den Kontinent. Der 1784 in Braunschweig geborene und 1859 in Kassel verstorbene Louis Spohr hat die c-moll Fantasie op. 35 für seine Frau Dorette geb. Scheidler (1787-1834) geschrieben. Diese war eine ausgezeichnete Harfen-Virtuosin und begab sich auch nach der Hochzeit und ersten Kindsgeburten auf Konzertreisen. Zwar fiel in diese Zeit die Erfindung der Doppelpedalharfe (um 1810 von S. Erard, Paris), die größere musikalische Möglichkeiten bot, da darauf alle zwölf Töne einer Oktave ohne Schwierigkeiten erzeugt werden können, doch ist Dorette niemals auf ein solches Instrument umgestiegen. Hinzugewonnene Größe, Gewicht und Stabilität stellten für sie zu hohe Ansprüche, auch wäre spieltechnisches Umlernen nötig gewesen. Der Violinvirtuose und Komponist Louis Spohr, der nacheinander in Wien, Frankfurt und Kassel Kapellmeister war, hat zahlreiche Werke für Harfe allein oder mit anderen Instrumenten verfaßt. Daß er in seiner Jugend selbst etwas Harfenunterricht genossen hatte, kam der instrumentenspezifischen Behandlung seiner Werke entgegen. So bevorzugte er b-Tonarten, die auf der einfachen Pedalharfe am besten klangen.

Marcel Tournier(1879-1951)
Ein Jahrhundert später war die Doppelpedalharfe längst etabliert, besonders in Frankreich, dem Land ihrer Erfindung. Marcel Lucien Tournier (1879-1951) hatte schon in seiner Jugend Harfenunterricht genommen. In seinem Studium am Pariser Konservatorium wurde er zugleich zum Komponisten ausgebildet - mit so viel Erfolg, daß er 1909 den zweiten Prix de Rome erhielt. 1912 bis 1948 war er als Nachfolger seines Lehrers Alphonse Hasselmans (1845-1912) - aus dessen Schule fast alle großen Harfenisten dieses Jahrhunderts hervorgegangen sind - Professor für Harfe am Pariser Konservatorium. Bezeichnend für Werke des 20. Jahrhunderts wird zunehmend, daß sie immer mehr auf das Instrument zugeschnitten sind, für das sie geschrieben wurden. Das hier eingespielte zweite Stück, betitelt An der Quelle im Wald, spielt mit den Möglichkeiten der enharmonischen Verwechslung, d.h. auf zwei nebeneinanderliegenden Saiten den gleichen Ton hervorzubringen - eine Unmöglichkeit etwa auf dem Klavier.

Ottorino Respighi (1879-1913)
Südlich der Alpen finden wir die Heimat Ottorino Respighis. Er wurde 1879 in Bologna geboren, bekleidete seit 1913 den Posten des Professors für Komposition am Konservatorium Santa Cecilia in Rom und starb dort 1936. 1931 entstand die Streicherfassung der heute sehr beliebten Antiche arie e danze per liuto. Wie bereits der Titel andeutet, bedient sich das Werk Weisen und stilistischer Mittel aus dem 16. Jahrhundert. Der in der Vorlage gegebene Bezug zur Laute wird durch die Bearbeitung von Marcel Grandjany (s.u.) in einen zur Harfe verwandelt - man denke hier an die erste Einspielung von Francisque.

Marcel Samuel-Rousseau (1882-1955)
Ebenfalls französischer Zeitgenosse der beiden soeben vorgestellten Komponisten war Marcel Samuel-Rousseau, der von 1882 bis 1955 lebte. Vier Jahre vor seinem Freund Tournier war er Preisträger des Prix de Rome. Nach drei Jahren als Organist unterrichtete er 33 Jahre lang Komposition am Pariser Konservatorium. Die 1916 datierten Variationen basieren auf dem Weihnachtslied Noël Nouvelette. Hier zeigt sich wiederum die in dieser Einspielung schon mehrfach angeklungene Affinität der Harfe zu volkstümlichen Weisen.

Carlos Salzedo (1885-1961)
Carlos Salzedo (1885-1961), der uns als Bearbeiter der Sonate Pescettis begegnet ist, war ebenfalls Franzose. Sechs Jahre jünger als Tournier, hatte er beim selben Lehrer studiert. Er machte dann rasch in den USA, deren Staatsbürgerschaft er später annahm, Karriere als Harfenist: 1909-13 war er an der Metropolitan Opera in New York engagiert, 1924-61 leitete er die Harfenklasse am Curtis Institute of Music in Philadelphia. Sein Verdienst ist es, neue Techniken und Klangeffekte in Interpretation und Komposition eingeführt und das Instrument damit für moderne Komponisten interessant gemacht zu haben.

Marcel Grandjany(1891-1975)
Zweimal ist Marcel Grandjany (1891-1975) als Bearbeiter von Werken dieser Einspielung in Erscheinung getreten. Wenig jünger als Tournier, Respighi, Samuel-Rousseau und Salzedo, ist er nach erstem Unterricht im Alter von neun Jahren ebenfalls in Paris an der Harfe ausgebildet worden. Und auch er verließ, wie Salzedo, Frankreich in Richtung Amerika, wo er die Leitung verschiedener Harfenklassen übernahm (Juilliard, Montreal, Manhattan School of Music). Harfenisten schätzen seine Ausgaben und Transkriptionen, weil sie sorgfältig ediert und mit nützlichen Interpretationshilfen versehen sind.

Kompositionen der CD Schwerelos

Michail Glinka (1804-1857)
Der russische Komponist Michail Glinka , 1804-1857, verbrachte lange Zeitabschnitte seines Lebens zu Studienzwecken im Ausland, unter anderem in Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien, wo er V. Bellini, G. Donizetti und H. Berlioz kennenlernte. Durch die Beschäftigung mit den verschiedenen nationalen Kompositionsstilen erwuchs der Gedanke, eine Oper im russischen Stil zu komponieren. Mit 'Ein Leben für den Zaren' gelang ihm 1836 eine erste russische Oper, die ihm die Stellung des Kapellmeisters der Kaiserlichen Kapelle einbrachte.
Glinka starb während eines Studienaufenthalts 1857 in Berlin. Zu diesem Zeitpunkt war von seiner Musik nur sehr wenig im Druck erschienen. Seine Schwester Ludmilla Shestakowa übernahm es, seine Werke herauszugeben und schrieb aus der Erinnerung heraus seine Kompositionen auf. Fast von einem Tag zum anderen erlangte Glinka das Ansehen, das er auch heute noch als Wegweiser einer russischen Kompositionsschule genießt.
Die Variationen für Harfe oder Klavier in Es-Dur über ein Thema von Mozart sind wahrscheinlich ein Jugendwerk aus dem Jahre 1822, wurden jedoch erst 1854 aus der Erinnerung heraus notiert und herausgegeben.

Albert Zabel (1834-1910)
Albert Zabel , 1834-1910, wurde in Berlin geboren und erhielt dort am Königlichen Institut für Kirchenmusik Harfenunterricht bei Carl Grimm, dem Begründer der Berliner Schule. Bereits als elfjähriger reiste er als Solist durch Deutschland, Rußland, England und Amerika, von 1848-1851 war er als Solist an der Berliner Oper tätig. 1854 ging er zunächst als Harfenist an die Italienische Oper in St. Petersburg, kurz darauf jedoch ans Mariinsky Theater, an dem er vierzig Jahre lang tätig war. Seine Bearbeitungen der großen Ballett-Kadenzen von Tschaikowsky werden dort noch immer gespielt. 1862 wurde Zabel zum Professor an das von Anton Rubinstein neu gegründete Petersburger Konservatorium berufen. Die Harfentradition in Rußland hatte erst hundert Jahre zuvor begonnen, nämlich als Johann Hochbruckner 1745 mit seiner Pedalharfe nach Rußland gekommen war. Entsprechend war das spielerische Niveau der Studenten zunächst noch sehr niedrig. Später bildete Zabel bedeutende Harfenisten, wie K. Walter Kühne, D. Andreyev und N. Amosov aus. Ungeachtet der bedeutenden Weiterentwicklung der Harfentechnik in der Gegenwart sind seine Werke auch heute noch methodisch, spieltechnisch und musikalisch von großem Reiz.
[Marguerite au Rouet = Gretchen am Spinnrad.]

Alphonse Hasselmans (1845-1912)
Alphonse Hasselmans , 1845-1912, erhielt seinen ersten Musikunterricht am Konservatorium in Straßburg, an dem sein Vater Direktor war. Seine Harfenlehrer waren Gottlieb Krüger (1824-1895), ein Schüler von E. Parish-Alvars, und Ange-Conrad Prumier (1820-1884) in Paris. In dessen Nachfolge unterrichtete Hasselmans von 1884 bis zu seinem Tode fast dreißig Jahre lang am Pariser Konservatorium. Aus seiner Harfenklasse gingen viele große Interpreten des 20. Jahrhunderts hervor, darunter Lily Laskine, Micheline Kahn, Carlos Salzedo, Ada Sassoli, Pierre Jamet, Henriette Renié, Marcel Grandjany und Marcel Tournier.
Seine Kompositionen strahlen virtuose Kraft aus, obwohl sie gemäß der Zeit Hasselmans den Charakter der Salonmusik stets bewahren. Aus seiner pädagogischen Arbeit heraus entstanden viele Werke, die bis heute in der Harfenliteratur von Bedeutung sind.

Enrique Granados (1867-1916)
Enrique Granados , 1867-1916, gehört mit Manuel de Falla und Isaac Albéniz zu den drei bedeutenden Komponisten Spaniens. Granados war ein ausgezeichneter Pianist und komponierte darüber hinaus Opern, Zarzuelas und sinfonische Dichtungen, die jedoch hinter seinen Klavierkompositionen zurückstehen. Er studierte Komposition und Klavier bei R. Vinas und F. Pedrell in Barcelona, ab 1887 in Paris bei Charles de Beriot. Dort lernte er G. Fauré, Cl. Debussy, M. Ravel und P. Dukas kennen. Eine enge Freundschaft verband ihn mit Camille Saint-Saëns. 1889 kehrte er nach Barcelona zurück. 1911 erschien sein Klavierzyklus 'Goyescas', das als sein wichtigstes Werk angesehen wird. Die Pariser Oper gab später den Auftrag, die 'Goyescas' zu einer Oper umzuarbeiten, mußte jedoch diesen Auftrag aufgrund des ersten Weltkrieges zurückziehen. Als Auftraggeber sprang daraufhin die Metropolitan Opera in New York ein. Auf der Rückreise von der mit Begeisterung aufgenommenen Premiere an der New Yorker Metropolitan Opera fand Granados den Tod, als der Passagierdampfer Sussex torpediert wurde und sank.
Die hier eingespielten 'Valses Poeticos', deren Entstehungszeit sich ungefähr um 1886/87 datieren läßt, wurden von dem spanischen Harfenisten Nicanor Zabaleta (1907-1993) für Harfe transkribiert.

Gabriel Pierné (1863-1937)
Gabriel Pierné, 1863-1937, studierte am Conservatoire de Paris unter anderem bei C. Franck und J. Massenet und gewann im Jahre 1882 den Kompositionswettbewerb Prix de Rome. Nach einem Aufenthalt in Rom unterrichtete er zunächst an einer von seinen Eltern gegründeten Musikschule in Paris. Nach dem Tode C. Francks wurde er dessen Nachfolger als Organist der Gemeinde Ste. Clotilde und blieb bis 1898 in dieser Stellung. 1903 wurde er zunächst zum zweiten später zum ersten Kapellmeister des Orchestre Colonne berufen. Dieses Amt versah er bis 1934.
Obwohl zu seinen Lebzeiten wenige seiner Kompositionen veröffentlicht wurden, wird Pierné als einer der begabtesten Komponisten seiner Zeit angesehen. Besondere Klangfarben und großer Klangsin nsind seinen Werken eigen, die stilistisch zwischen Spätromantik und Neoklassizismus einzuordnen sind. Das virtouse 'Impromptu-Caprice' op. 9 aus dem Jahr 1887 bringt die umfassende Ausdruckskraft des Instruments zur Geltung.

Henri Büsser (1872-1973)
Henri Büsser , 1872-1973, erhielt seinen ersten Musikunterricht an der Kathedrale von Toulouse, an der sein früh verstorbener Vater Organist gewesen war. Er studierte Orgel und Komposition bei Ch. Gounod , C. Franck und Ch. Widor, und gewann 1893 den Prix de Rome. Als Organist war er ab 1892 über 30 Jahre lang an der großen Orgel von Saint-Claud, als Dirigent an der Opéra-Comique und der Opéra. Aus seiner Kompositionsklasse am Pariser Konservatorium, die er von 1930 bis 1948 leitete, gingen 24 Träger des Prix de Rome hervor.
Auch sein eigenes kompositorisches Werk ist beträchtlich. Er schrieb mehrere Opern, ein Ballett, sinfonische Dichtungen, Ouvertüren, Messen, Motetten, Stücke für Orgel und für Klavier sowie ein Magnificat. Sein Gesamtwerk orientiert sich an Vorbildern des 19. Jahrhunderts, vor allem an C. Saint-Saëns, Cl. Debussy und R. Wagner. Seine Messen und geistliche Musik offenbaren den Einfluß Ch. Gounods und besonders G. Faurés.
Das selten zu hörende 'Pièce de Concert' op. 32 aus dem Jahr 1928 existiert ebenfalls in einer Version Harfe und kleines Orchester.

Jörn Arnecke (1973- )
Jörn Arnecke , 1973 in Hameln geboren, gewann bereits als Dreißigjähriger mit dem Hindemith-Preis des Schleswig-Holstein Musik Festivals einen der wichtigsten Kompositionspreise Deutschlands. Gemeinsam mit dem Autor Falk Richter schrieb er das Musiktheater 'Unter Eis' (Uraufführung 2007 bei der RuhrTriennale). Im Auftrag der Hamburgischen Staatsoper komponierte er 'Das Fest im Meer' (UA 2003) und 'Butterfly Blues' (UA 2005), für die Musikakademie Rheinsberg 'Drei Helden' (UA 2004). An der Hamburgischen Staatsoper erklang bereits 2001 seine Musiktheater-Szene 'Wir spielen Frieden'; an der Bayerischen Staatsoper und am Zürcher Opernhaus wurde seine Kurzoper 'Wieder sehen' gespielt. Eine Neuproduktion von 'Wir spielen Frieden' dirigierte er 2002 an der Staatsoper Prag. Er schrieb Werke im Auftrag der Münchener Biennale, der Expo Hannover, des Festivals junger Künstler Bayreuth und des Brucknerhauses Linz. Seit Oktober 2001 ist er Teilzeitprofessor für Musiktheorie an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und hat einen Lehrauftrag an der Universität Hamburg (Musikwissenschaftliches Institut) inne.
Dank der Förderung durch die Alfred Koerppen Stiftung konnte der Zyklus 'Schwerelos' für Solo-Harfe auf dieser CD erstmalig eingespielt werden. Der zweite Satz 'Schwankend' wurde für Isabel Moretón komponiert und von ihr 2005 anläßlich des World Harp Congress in Dublin uraufgeführt.

Notizen des Komponisten zum Zyklus Schwerelos:

Zu Schwebend
Kein Instrument schwebt so schön (leider aber auch so klischeebeladen) wie die Harfe. In 'Schwebend' kommen Glissandi vor, aber sie sind verfremdet. Dazu wird der Titel in seinem physikalischen Sinn gedeutet: Zwei Saiten der Harfe sind mikrotonal verstimmt und erzeugen dadurch Schwebungen.
Zu Schwankend
Ein Rhythmus treibt vorwärts, immer anders und doch streng organisiert, schraubt das Stück in die Höhe, beruhigt sich wieder, weist zurück auf 'Schwebend' und verklingt in drei mikrotonalen Akkorden. Zwei Saiten sind dafür herabgestimmt, ermöglichen mikrotonale Linien im langsameren Mittelteil. Der Rhythmus zieht weiter, in Wahrheit zurück, aber steigert sich nochmals , wie vorher, doch die Symmetrie ist nur scheinbar, schwanken unregelmäßig auch dies und die Harfe ganz anders eingesetzt: fast als perkussives Instrument, mit besonderen Klangwirkungen durch präparierte Saiten, durch ausgeklügeltes Pedalisieren, wie von allen technischen Beschränkungen befreit.
Zu Schwindend
Die Hast ist vorbei. Nur noch die Kraft des einzelnen Tones. Verklingend, nachlauschend. Zurück zum Nullpunkt. Zurück zur normalen Stimmung der Harfe. Verwehende, vergehende Vierteltöne.
[Jörn Arnecke]

Kompositionen der CD "La Plus Que Lente"

Musik für Flöte und Harfe. Zwei Instrumente, die durch ganz unterschiedliche Technik Klänge hervorbringen, die von Alters her als ätherisch oder mit übersinnlichen Kräften behaftet empfunden wurden und die einander besonders gut kontrastieren und ergänzen. Als eine der frühesten abendländischen Abbildungen zeigt eine Handschrift des 12. Jahrhunderts beide Instrumente miteinander, und zwar als Attribute der Sirenen, die einer Homerschen Sage zufolge mit ihrem "hellen Gesang" Seefahrer so stark in ihren Bann zogen, dass sie ihre Insel ansteuerten, wo sie zu Tode kamen. Andernorts sind sie, mit Instrumenten bestückt, Geleiterinnen der Seelen in die Unterwelt oder in den Himmel. Neben zahlreichen anderen Interpretationen sind sie in der christlichen Deutung auch diejenigen, die die Sehnsucht nach himmlischer Glückseligkeit wecken.

Die vorliegende Aufnahme interpretiert Musik des 18. bis 20. Jahrhunderts und spannt damit einen Bogen von der sogenannten "Barockmusik" über die "Klassik" zum "Impressionismus". Abgesehen von den Soloeinspielungen sind nur wenige Werke von ihren Komponisten ausdrücklich für die Besetzung Flöte und Harfe bestimmt. Es ist jedoch schon immer Brauch, sich zu gemeinsamem Musizieren nach Möglichkeiten der Instrumente zusammenzufinden. Klangfarbe und instrumentenspezifische Eigenarten geben jedem Musizieren ein eigenes Profil. Interpreten sind auch neuschaffende Künstler - das wird bei nicht alltäglichen Besetzungen wie der vorliegenden besonders deutlich. Was Kammermusik ausmacht, mag mit einem Zitat von Michael Praetorius anschaulich werden. Im dritten Teil seines 1619 erschienen umfassenden Musikwerkes Syntagma Musicum schrieb er über Lautenisten und Harfenisten und unterschied Musik, bei der diese als Fundament- und solche, bei der sie als Ornament-Instrumente eingesetzt werden. Im ersten Fall sollen sie allzeit eine fest beständige, voll-lautende und kontinuierte harmoniam führen, so die voces humanas gleichsam also tragen, und bald heimlich und still, bald wiederum stark und frisch schlagen ... Doch muß man in dem, das die Stimme ihre schönen Läufflein und Coloraturen macht oder sonst einen andern affectum repraesentiret, nicht so gar überstark in die Saiten greifen, damit die Stimme dadurch nicht interrumpiret werde.
Im zweiten Fall müssen sie so wie die anderen Ornament-Instrumente mit den Stimmen variieret und vermischet werden, zu keinem andern Ende, als das sie dieselben zieren/ schmücken und gleichsam also condiren und würzen. Sie müssen die melodiam zieren und ausputzen. (Orthographisch leicht modernisierte Textfassung.)

Leonardo Vinci (c. 1690-1730)
Um 1690 in Strongoli (Kalabrien) geboren, brachte Leonardo Vinci den größten Teil seines Lebens in Neapel zu, wo er als Hofkapellmeister vor allem erfolgreiche Theatermusik schrieb. Kurz vor seinem Tod 1730 trat er in eine Laienbruderschaft, das Kloster S Caterina a Formiello, ein und unterrichtete an dem Konservatorium, an dem er selbst ausgebildet worden war. Die D-Dur Sonate entstammt einer Sammlung von 12 Sonaten für Flöte oder Geige und Generalbass, die posthum 1746 in London erschienen ist.

Georg Philipp Telemann (1681-1767)
Georg Philipp Telemann war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als der führende deutsche Komponist angesehen. 1681 in Magdeburg geboren, führte ihn sein Weg über Halle/Saale, wo er Georg Friedrich Händel kennenlernte, Leipzig, Sorau, Eisenach, hier befreundete er sich mit dem in Weimar wirkenden Johann Sebastian Bach, und Frankfurt/Main nach Hamburg. In der Elbmetropole fand er 1721 als Kantor am Johanneum und Direktor der Kirchenmusik an den fünf Hauptkirchen seine Lebensstellung. 1767 ist er dort gestorben und hinterließ ein vielseitiges, alle Gattungen und Stile der Zeit umfassendes Werk. Die Fantasien für Flöte ohne Bass sind 1732/33 in Hamburg gedruckt und für die private Kammermusik, vielleicht auch für den Unterricht, bestimmt. Durch die Stimmführung, wechselnde Lagen, die unterschiedliche Klangfarben erzeugen, gelingt es häufig, den Anschein von Mehrstimmigkeit zu erwecken.

Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788)
Telemanns Hamburger Nachfolger war Carl Philipp Emanuel Bach, der 1714 in Weimar geborene zweite Sohn Johann Sebastian Bachs. Er war seinem Vorgänger nicht nur als Freund, sondern auch durch Taufpatenschaft verbunden. Er, und nicht etwa sein Vater, galt zu seiner Zeit als der "große Bach". Nach seiner musikalischen Ausbildung in Köthen und Leipzig sowie Jurastudium in Leipzig und Frankfurt/Oder wurde er Mitglied der kronprinzlichen Kapelle in Rheinsberg und später Kammercembalist des preußischen Königs Friedrich II. in Berlin, wo er in den maßgeblichen musikalischen und gesellschaftlichen Zirkeln verkehrte. Diesen Lebensstil behielt er auch in Hamburg bei; bis 1788 lebte und arbeitete er hier. Die Aufgaben waren vielfältig, sein Gesamtwerk ist daher umfassend. Da der König Flöte spielte, ist die große Anzahl von in Berlin entstandenen Kompositionen für dieses Instrument nicht verwunderlich. Die hier eingespielte und ungewöhnlicherweise nur zwei Sätze enthaltende Sonate in G-Dur ist allerdings erst 1786 in Hamburg komponiert.

Franz Anton Rösler (c. 1750-1792)
Nochmals eine Generation jünger ist der Böhme Franz Anton Rösler, der seinen Namen später italianisierte und sich dann Antonio Rosetti nannte. Er wurde um 1750 in Leitmeritz geboren, erhielt ersten Unterricht in Prag und war 1763 bis 1769 Novize im Jesuitenkolleg Kuttenberg. Seine Ausbildung zum Geistlichen brach er ab und trat 1773 in die musikalischen Dienste des Kraft Ernst, Prinz von Oettingen-Wallerstein. Dieser unterhielt eine in ganz Europa berühmte Kapelle. Zahlreiche Reisen stärkten Rosettis Erfahrung und sein Ansehen als Komponist. 1789 wechselte er als Kapellmeister an den Hof von Herzog Friedrich Franz I von Mecklenburg-Schwerin in Ludwigslust, wo er 1792 starb. Seine Zeitgenossen nannten seinen Namen im selben Atemzug mit Wolfgang Amadeus Mozart und Joseph Haydn. In dieser Zeit war es durchaus gängig, Ausgaben alternativ für Harfe oder Tasteninstrumente anzubieten, und so stammt auch die hier vorgelegte Sonate aus den "Sechs Sonaten op. 2 für Harfe oder Pianoforte" aus dem 1783.

Gaetano Donizetti (1797-1848)
Im italienischen Bergamo wurde 1797 Gaetano Donizetti geboren und starb 1848 ebenda. Sein Ruhm gründet sich auf zahllose Opern, die in Mailand, Paris, Neapel, Wien uraufgeführt wurden. Bis zu fünf Werke hat er pro Jahr komponiert. Die beiden für Violine und Harfe komponierten Sätze hat der Flötist und Musikologe Raymond Meylan 1970 als Flöten-Sonate publiziert.

Gioachino Rossini (1792-1868)
Fast gleichaltrig, war der 1792 geborene Gioachino Rossini ebenfalls als Opernkomponist berühmt. Und auch er war an den verschiedenen Opernbühnen Europas zu Hause. Nach seinem Geburtsort wurde er gelegentlich der "Schwan von Pesaro" genannt. Er starb 1868 in Passy bei Paris. Die in G-Dur gespielten Variationen gehören zu seinem Frühwerk, sind um 1820 in Neapel entstanden und ursprünglich in F-Dur für Bratsche und Harfe komponiert.

Nicholas Charles Bochsa (1789-1856)
Nicholas Charles Bochsa wurde 1789 im französischen Montmédi geboren, musikalisch von seinem Vater erzogen, erlernte zahlreiche Instrumente und studierte Komposition am Pariser Konservatorium. Schließlich machte er die Harfe zu seinem Hauptinstrument und schloss ein Studium bei François-Joseph Nadermann und Marie-Martin Marcel de Marin an. 1813 wurde er Harfenist bei Napoleon, 1816 bei Ludwig XVIII. Bereits 1817 kam er mit dem Gesetz in Konflikt, musste das Land verlassen und ließ sich in London nieder, von wo er 1839 wiederum floh. In Europa, Amerika und Australien feierte er rauschende Erfolge als Solist. 1856 starb er auf einer Konzertreise in Sydney. Neben zahlreichen Opern gehören vor allem Harfenkompositionen zu seinem Oeuvre. Auch eine Schule sowie Instrumentalübungen hat er veröffentlicht; gerade war die moderne Doppelpedalharfe in Paris von Sébastien Érard entwickelt worden. Mit der Fantasie für Harfe steht hier ein Werk auf dem Programm, das von einem Virtuosen für sein eigenes Instrument geschrieben ist. Dabei hat er Melodien aus der Oper Beatrice di Tenda von Vincenzo Bellini aufgegriffen.

Claude Debussy (1862-1918)
Der Franzose Claude Debussy wurde 1862 in St-Germain-en-Laye geboren und lebte, abgesehen von einem dreijährigen Studienaufenthalt in Rom, Zeit seines Lebens in Paris, von wo aus er zahlreiche Reisen unternahm. Neben seiner kompositorischen Tätigkeit trat Debussy auch als Pianist, Dirigent und Theoretiker hervor. Die beiden hier vorgelegten Werke wurden 1910 und 1891 als Klavierkompositionen gedruckt und sind für Flöte und Harfe arrangiert.

© Daniela Wissemann-Garbe und Isabel Moretón Achsel


Kontakt und Copyright ©:  Isabel Moretón Achsel, Harfenistin, Hannover-Kirchrode
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